In Berlin wurde 1917 eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt aus der Taufe gehoben – Auf den Spuren der Erfolgsgeschichte des Handballs. ( Quelle: Tagesspiegel, Berlin; für die SSG Metten überarbeitet von Peter Dermühl) https://www.tagesspiegel.de/sport/vor-100-jahren-wie-aus-torball-handball-wurde/20516984.html

KreisEnde der 1970er/ Anfang der 1980er Jahre verändert sich der Handball massiv. Und allmählich hebt sich unser Sport immer mehr und ganz bewusst vom Fußball ab. Die Mannschaftsstärke wird von elf auf sieben reduziert, das Spiel findet nicht mehr unter freiem Himmel auf einem Rasenplatz, sondern immer häufiger in einer Halle mit Parkettboden statt. Der Impuls dafür kommt aus dem skandinavischen Raum: Wegen der rauen klimatischen Bedingungen in Nordeuropa suchte man vor allem in Dänemark, Schweden oder Island nach Möglichkeiten, das Spiel weiterzuentwickeln, ohne auf die Jahreszeiten Rücksicht nehmen zu müssen. Da lag der Gang in die Halle verdammt nahe. „Das Spiel ist dadurch wesentlich schneller und für Zuschauer attraktiver geworden“, sagt Henning Opitz, Ehrenpräsident des Berliner Handball-Verbandes und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Fünf Tore, wie im ersten offiziellen Spiel zwischen GutsMuths und BTSV, konnten jetzt binnen weniger Minuten fallen.

In Bayern übrigens sorgte Ende der 1970er Jahre ein Top-Funktionär einer anderen Ballsportart für die passenden Hallenmaße. Der Münchner Unternehmer Roland Mader, Gründer des Volleyball-Spitzenklubs Bayern Lohhof und späterer Vize-Präsident des Volleyball-Weltverbandes setzte alle Hebel in Bewegung, bis hin zu mehreren „quälenden“ Vieraugen-Gesprächen mit CSU-Chef Franz Josef Strauß. Schulturnhallen waren im Freistaat bis dahin größere Gymnasik-Zimmer. Der Hallen-Sport Volleyball aber brauchte mit einer Spielfeldabmessung von 18 mal 9 Metern und einer lichten Höhe von mindestens 7 Metern deutlich mehr Platz. Mader gelang ein genialer Schachzug: Zu Beginn der 1980 Jahre verfügte die Bayerische Staatsregierung, die Gemeinden bei der Schulbauförderung nur noch dann zu bezuschussen, wenn Dreifachturnhallen mit 7,50 Meter Höhe und entsprechenden Längen- und Breitenmaßen gebaut würden.. Fortan entstanden geeignete Spielstätten und Trainingsräumlichkeiten mit reichlich Platzangebot auch und gerade für den Handball.

All das führte schließlich dazu, dass der Hallenhandball seinem Vorgänger und Wegbereiter, dem Feldhandball, alsbald den Rang ablief. 1972 bei den Olympischen Spielen in München war die Hallenvariante zum ersten Mal im olympischen Programm, zunächst allerdings nur für die Männer. Doch schon vier Jahre später bei den Spielen in Montreal ließen auch Frauen zum ersten Mal bei Olympia den Ball fliegen. „Spätestens mit den Spielen von München war klar: Feldhandball ist Geschichte, die Zukunft der Sportart liegt ohne jeden Zweifel in der Halle“, erinnert sich Opitz, der 1972 in der bayerischen Landeshauptstadt als Zeitnehmer und Sekretär fungierte.

Dass Handball in der Folge in beiden deutschen Staaten zusehends an Popularität gewann, hing wie so oft mit den Erfolgen der Nationalmannschaften der BRD und der DDR zusammen, die unabhängig voneinander Erfolgsgeschichten mit gewissen Parallelen schrieben: Die BRD-Auswahl gewann 1978 in Schweden unter der Verantwortung des ebenso legendären wie charismatischen Trainers Vlado Stenzel den ersten WM-Titel, im Aufgebot standen solch große Namen wie Joachim Deckarm, Heiner Brand oder der bereits 2012 an Krebs verstorbene Ausnahmekönner Erhard Wunderlich. Der sensationelle 20:19-Erfolg der Deutschen im Endspiel gegen die Sowjetunion wirkt bis in die Gegenwart nach: Erst vor Kurzem hat sich Erik Eggers, Sporthistoriker und einer der großen deutschen Handball-Journalisten, unter dem Titel „Mythos 78“ noch einmal der Geschichte der 78er Weltmeister angenommen, die bis heute eine außerordentliche Freundschaft verbindet, auch und vor allem privat.

Auf der anderen Seite der Mauer durfte 1980 eine ähnliche Überraschung begossen werden. Bei den Boykott-Spielen von Moskau traf die DDR-Auswahl im Finale auf Gastgeber Sowjetunion – und obwohl die Mannschaft krasser Außenseiter war und die klare Ansage bekommen hatte, bloß nicht gegen den „Bruderstaat“ zu gewinnen, setzte sie sich nach Verlängerung mit 23:22 durch.

In den Folgejahren entwickelte sich Handball zu einem immer spannend-dynamischeren und schnelleren Spiel, in dem es kaum Verschnaufpausen gibt. Eine ganz neue Stufe erreichte das Spiel jedoch mit der Einführung der schnellen Mitte, die das Tempospiel begünstigte und eine Revolution bedeutete. Die neuesten Regeländerungen, die vom Weltverband IHF in einer Nacht- und Nebelaktion kurz vor den Olympischen Spielen 2014 verfügt wurden und dauerhaft den Einsatz eines siebten Feldspielers erlauben, stoßen allerdings auf wenig Gegenliebe. Das Spiel sei zu sehr auf Tore ausgerichtet, grundsätzlich zu offensiv-orientiert, sagen viele Kritiker und Ex-Internationale. Dabei weiß jeder, der sich nur ein bisschen für Handball interessiert, dass auch eine zünftige Abwehrschlacht unterhaltsam sein kann. Vielleicht nicht unbedingt schön, aber unterhaltsam.

Bei aller Physis und aller körperlichen Härte, die das Spiel über 100 Jahre nach seiner Erfindung prägt, zeichnet es sich aber vor allem durch die Umsetzung des Fair-Play-Gedankens aus. „Wir sind eine krawallfreie Sportart, in der Fans unterschiedlicher Lager ohne Probleme nebeneinander sitzen können“, sagt Opitz. „Und bei den Spielern ist es doch so: Sie bekämpfen sich im Spiel oder sagen sich ein paar Sachen, aber das ist beim Handschlag nach der Schlusssirene auch wieder vergessen.“ Schauspielerei steht unter Handballern schlichtweg auf dem Index. „Deshalb mag ich diesen Sport auch so“, sagt Opitz.

Wurf

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