In Berlin wurde 1917 eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt aus der Taufe gehoben – Auf den Spuren der Erfolgsgeschichte des Handballs. ( Quelle: Tagesspiegel, Berlin; für die SSG Metten überarbeitet von Peter Dermühl)  https://www.tagesspiegel.de/sport/vor-100-jahren-wie-aus-torball-handball-wurde/20516984.html

 
FeldhandballMax Heiser kann wirklich von Glück reden, nicht hundertprozentig gesund gewesen zu sein. Mit Mitte 30 klagt der Berliner Oberturnwart zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits über zahlreiche körperliche Gebrechen und Beschwerden, aber im konkreten Fall ist das gar nicht mal schlimm. So bleibt ihm nämlich das Schicksal erspart, das vielen anderen jungen Männern in dieser Zeit widerfährt, in der sich die Welt erstmalig in einen allumfassenden Krieg stürzt, in den 1. Weltkrieg (1914 – 1918) eben.

Heisers körperlicher Zustand führt jedenfalls dazu, dass er zwischen 1914 und 1918 nicht in die Armee eingezogen wird, um in irgendeinem Schützengraben Dienst zu tun und sein Leben zu riskieren. Stattdessen kann er sich mit anderen Dingen beschäftigen – und so verfasst er im Oktober 1917 ein Regelwerk, das den Grundstein für die Entstehung einer Sportart legen soll, die mittlerweile zu den populärsten in Deutschland und Europa gehört. 1915 hat Heiser bereits ein Spiel namens „Torball“ erfunden, es soll eine körperlose Alternative zum Fußball sein und ist zunächst ausschließlich für Frauen und Mädchen gedacht.

Am 29. Oktober 1917 gibt er seinem Kind dann einen anderen Namen – die Geburtsstunde des Handballs. Mit dem Spiel in seiner heutigen Form hat die damalige Variante nicht viel gemein, der Ball etwa hat einen Umfang von 71 Zentimetern (heute 54 bis 60) und das Prellen ist zunächst nicht gestattet. Der Berliner Turnlehrer Carl Schelenz veränderte 1919 das Regelwerk Heisers und öffnete den Sport für den männlichen Bereich. Zweikämpfe wearen jetzt erlaubt und ein kleinerer Ball sowie das Prellen wurden eingeführt. Turnlehrer Schelenz stellte vor allem das Werfen in den Vordergrund. Am 22. Februar 1920 fand dann endlich das erste offizielle Handballspiel zweier Vereinsmannschaften in Berlin statt: Der Turn- und Sportverein von 1850, heute BTSV 1850, setzte sich mit dem sensationellen Ergebnis von 4:1-Toren gegen den Turnverein GutsMuths durch. 1921 gewann der TSV 1860 Spandau die erste deutsche Meisterschaft. Auch in den Jahren danach tauchte Berlin immer wieder als Hochburg des frühen Handballsports auf, von hier aus startete das Spiel seine Reise in die Welt.

Um über Handball-Historie und Tradition zu reden, gibt es vielleicht keinen besseren Kronzeugen als Henning Opitz. Der Ehrenpräsident des Berliner Handball-Verbandes und Träger des Bundesverdienstkreuzes hat sich bereits als Jugendlicher seiner Leidenschaft verschrieben und kann unzählige persönliche Geschichten erzählen. Vielleicht nicht gerade aus den Anfangsjahren, in denen Grundlagen wie Spielfeld, Teamgröße und Schiedsrichter praktischerweise vom Fußball übernommen wurden. Auch nicht unbedingt aus der Zeit vor dem Krieg, als sich Adolf Hitler wegen der großen Erfolgsaussichten des deutschen Teams höchstpersönlich dafür einsetzte, dass Feldhandball bei den Spielen von 1936 (zum ersten und einzigen Mal) olympisch war. Abgesehen davon kennt Opitz aber im Grunde jede Antwort auf Fragen, die sich mit dem Handball seit 1950 beschäftigen. „Ich habe mein Leben dem Sport gewidmet“, sagt er, „aber der Sport hat mir auch unfassbar viel gegeben, obwohl ich als Spieler nicht besonders gut war, ich würde eher sagen: Durchschnitt“, erzählt der Handball-Pionier. „Also bin ich mit 16 Jahren Schiedsrichter geworden.“ Von 1954 bis 1979 leitet Opitz Spiele auf nationaler und internationaler Ebene, einmal pfeift er in Dortmund vor über 20 000 Zuschauern. „Ein irres Erlebnis“, sagt er heute, „ich kriege noch immer Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.“ (Folgt Teil 2).

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Bilder:  https://commons.wikimedia.org/

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