Anstand
Wer sich ab und zu mit offenen Augen und Ohren an Stätten aufhält, wo der Nachwuchs einen Mannschaftssport ausübt, der kann schon etwas erleben. Nicht oft, aber im Vergleich zu früher (wo das eine oder andere besser war) auch nicht selten, kann das Wesen eines scheinbar erwachsenen Erziehungsberechtigten akustisch und sichtbar zu Tage treten.
Es ist schon einige Zeit her, da mußte die Polizei irgendwo in Bayerisch-Schwaben diesen Vorfall aufnehmen: Am Sonntag gegen 13 Uhr kam es bei einem Fußballturnier auf dem Sportgelände des örtlichen Vereins zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Trainern und zwei Vätern von acht- bis zehnjährigen E-Jugendspielern. Ein Schiedsrichter, der die Streithähne auseinander bringen und beruhigen wollte, wurde durch einen Biss leicht verletzt; ebenso erlitten ein Spielervater und ein Trainer leichte Verletzungen. Grund des Vorfalls war angeblich ein verschossener Elfmeter eines Kindes.
„Die spielenden Kinder waren sehr geschockt über das Verhalten der angeblichen ‚Vorbilder‘ ", berichtet die Polizei weiter, die daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung gegen die Trainer und die zwei Väter einzuleiten hatte. Wir wissen: Der Jugendfussball ist nicht ausschließlich die Bühne für Erziehungsberechtigte ohne Erziehung. Auch bei Handballspielen ab der Mini-Altersstufe tauchen in den Hallen Erwachsene auf, denen eigentlich, wenn es ihn gäbe, der Führerschein für Erziehungsberechtigte zeitweise entzogen gehörte. Wir haben es leider mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun, wo immer mehr Menschen rücksichtslos die Ersten, die Besten und überhaupt die Tollsten sein wollen. Ein Glück, dass Übungsleiter, Betreuer und engagierte Eltern der SSG den kleinen Spielern das genaue Gegenteil vermitteln wollen: Anstand im Spiel und im Leben. Denn in Würde zu verlieren und zu akzeptieren, dass ein anderer vielleicht mal besser war, ist eine große Leistung.