Wolfgang Saatberger hat als Coach fast alles erreicht – Doch der Handball läßt ihn nicht los

 

thumb_saaty2013Einer wie er könnte sich zurücklehnen, sich an der Sonne seiner vielen Erfolge prächtig wärmen und sagen: „Jetzt macht Ihr mal was.“ Wolfgang Saatberger, Erfolgstrainer in Handball-Bayern und als Klosterer bei der SSG Metten seit er denken kann, tut das nicht. Der 40jährige Polizeibeamte rackert im 23. Jahr als Trainer und Betreuer in der sehr erfolgreichen Mettener Talentschmiede und hat die Begabtesten auf den Weg bis in die Bundesliga und in die Juniorinnen-Nationalmannschaft gebracht. Nun fängt er wieder ganz von vorne an. Ab dieser Saison trainiert, motiviert und im Bedarfsfall tröstet der Mettener, den sie nur „Saaty“nennen, die großen Zwerge der männlichen D-Jugend, Buben zwischen 10 und zwölf Jahren.

 

 

 

Als Wolfgang Saatberger vor einiger Zeit bei der SSG all seine Trainerämter und Funktionen, wie es seine Art ist, nicht hinwarf, sondern mit rechtzeitiger Vorwarnung abgab, waren sie bei der Schulsportgemeinschaft Metten irritiert bis schockiert. So einer, der mit dem Handball verheiratet ist, der mit 11 Jahren von Niederbayerns Handball-Legende Georg Noll in die Halle auf dem Klostergelände gelockt und gleichzeitig zu Rückraumspieler und Torwart ausgebildet worden war, kann doch nicht einfach aufhören. Saatberger konnte. 22 Jahre lang hat der Mann, der zwischen Strenge und Milde wie kein zweiter pendeln kann, im rauen Handballsport Mädchen und Frauen trainiert, von klein auf, bis sie ihm fast über den Kopf wuchsen. Mit der rekordverdächtigen Konstanz von acht Jahren am Stück hielt der Polizist SSG-Mädchen im allerschwierigsten Alter, nämlich B- und A-Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, in der Bayernliga, der höchster Spielklasse im Freistaat.Und er schaffte es, den Großteil der Talente in die Landesliga-Mannschaft der Mettener Damen einzubauen. So nebenbei ließ er sich zum Fachübungsleiter mit C-Lizenz ausbilden und setzte 2008 noch die Trainer-B-Lizenz für die 2. Bundesliga Damen, beziehungsweise Regionalliga Herren drauf. Wahlfried Weinbeerger, neben Noll die Legende Nummero zwei bei der SSG, betrachtet es heute noch mit großer Zufriedenheit, dass er das kleine Wolferl irgendwann vor ewigen Zeiten fürs Trainieren überreden konnte.

 

Dass unter Saatbergers Regie in der Talentschmiede in der St. Benedikthalle Könnerinnen hervorgebracht wurden, die es wie Alex Mazzucco bis in die deutsche Juniorinnen-Nationalmannschaft geschafft hatten, kommentiert er nicht gern, sagt aber wenigstens soviel: „Ja, ohne Breite keine Spitze.“ Oder anders: Mit viel Geduld fördern und dann schauen,wie man ordentlich fordern kann. Bei solchen Sätzen wird der Trainer, der bei Spielen oder im Training auch weit außerhalb der Klosterhalle noch gut zu verstehen ist, leise und nachdenklich: „ Wenn man die Abgänge von Spitzenspielern betrachtet, wäre es für die SSG mit weniger Spitze und damit mit weniger Begehrlichkeit seitens anderer Vereine vielleicht besser gewesen.“ Sich Hoffnungen machen, die sich nicht erfüllen: Das ist Saaty’s Sache nicht. Jetzt, da er den Neuanfang mit seinen D-Buben wagt, weiß er, „dass spätestens am Ende der Jugendphase mit 18 Jahren der Verlust an Spielern sicherlich über 50 % betragen wird.“ Gleichwohl schwärmt er ein wenig von der talentierten Mannschaft, die, wenn sie am Ball bleibt, gut trainiert und zusammenhält, es vielleicht einmal bis in die Bayernliga schaffen könnte.   

 

Wolfgang Saatberger weiß auch, dass die SSG Metten mit 300 Mitgliedern, davon weniger als die Hälfte aktiv, die Jugendarbeit, die nicht nur Handballtrainingsarbeit ist, kaum noch selbst stemmen kann. Oft leistet Saatberger Sozialarbeit, wenn es um vernachläßigte, verstörte oder orientierungslose kinder aus schwierigen bis katastrophalen Familienverhältnissen geht. Es kann passieren, dass der passionierte Handballer zwischen Konditions- und Taktiktraining zum Hausaufgabenbetreuer, zum Tröster, zum großen Bruder oder zum Vaterersatz werden muß. „Erfolg ist nicht nur Aufstieg und Meisterschaft. Erfolg ist auch, wenn Kinder in der Mannschaft eine Stütze haben und lieber in der Halle, statt an einer Tankstelle oder im Park sind.“ Der Polizeibeamte weiß, wovon er spricht.

 

Der ehrgeizige Saatberger hat in den über zwei Jahrzehnten Jugendübungsleiter im Handball auch feststellen müssen, „wie rapide die Leistungsbereitschaft nach unten gegangen ist.“ Keiner habe mehr Zeit, in der Schule und in der Familie sei Stress. „Und dann soll man regelmäßig zweimal pro Woche trainieren, am Wochenende stundenlang zu den Spielorten unterwegs sein und vielleicht auch noch Hilfsdienste im Verein übernehmen. Da streiken die !“ Saatberger hat Verständnis. Er läßt sich nicht auf eine Debatte über sich ein, dass er ja auch Freizeit opfere, gerade jetzt wo der kleine Sohn da sei und seine Frau Elke, selbst in der Vereinsjugendarbeit engagiert, ihn mal zuhause haben wolle. Ihn plagt die Vorstellung, dass angesichts all dessen und der Tatsache, dass es ja schöne Einzelsportarten gebe und manche ja wüßten, dass jeder Aktive beim Handball gebraucht würde, dass ein Verein dieser Art heutzutage wahrscheinlich nicht mehr zeitgemäß sei. Andererseits: „Die SSG ist die Handballfamilie, in der ich groß geworden bin und wo jetzt immer noch viele Freunde sind. Ohne dieses Umfeld wäre es schon fraglich, ob ich noch was machen würde.“

 

Solche Gedanken verfliegen sofort, da Wolfgang Saatberger auf den Spielplan seiner D-Jugend für die Saison 2013/2014 schaut und im Geiste schon das erste Heimspiel gegen den TV Landau ablaufen sieht am Sonntag, 29. September, ausgerechnet um 11 Uhr, wo sich andere auf den Brunch freuen. Der Saaty wird dann spätestens gegen 9.30 Uhr in der Halle sein. Und auch wenn zwei rüstige Großelternpaare für den Nachwuchs da sind, Vater Saatberger wird es nicht versäumen, seinen Max zum Auftaktspiel in die Halle der Mettener Benediktiner mitzunehmen. „Er soll die gute Handball-Luft schnuppern.“ Auch welcher Position der Sohn einmal spielen soll, darüber macht sich der Vater keine Gedanken. Max soll zuerst einmal SSG-Mitglied werden.

 

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Noch einmal von vorne: Wolfgang Saatberger (hinten links), Erfolgstrainer der SSG Metten, will es mit seiner männlichen D-Jugend, die r zusammen mit 1. Vorsitzendem Adolf Helmprecht (rechts) trainiert, noch einmal wissen, weil auch er in der Handballfamilie der SSG groß geworden ist. Foto: SSG Metten