Handball: eine Liebeserklärung
Gerhard Matzig, bekennender Niederbayer, ist leitender Redakteur in der Kultur-Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ). Er hat sich bei der Handball-EM in unseren Sport als „höheres Kulturgut“ verliebt. Matzig gestattete uns, auch auszugsweise aus seiner in der SZ veröffentlichten Liebeserklärung zu zitieren: …Fußball habe er „ein halbes Jahrhundert lang als das größte Glück auf Erden geliebt und verehrt. Aber wo es um so viel Geld geht, geht es auch dauernd um Millimeter, Nanosekunden und Frisuren. Im Fußball ist Anpfiff - und dann hat niemand mehr was zu verschenken. Im Handball gibt man sich erst mal die Hand und dazu den Ball. Man wird ihn schon zurückbekommen. Und was der Schiedsrichter sagt, ist dann halt so. Im Fußball? Ach. …

 

… Die Handballer geben, was sie haben, also so ziemlich alles. Außerdem meckern sie nicht dauernd. Sie werfen sich auch nicht dauernd wimmernd zu Boden, um auf schmierentheaterhafte Weise Zeit zu schinden. Wo sie doch nur über ihre superschönen Schnürsenkel gestolpert sind. Mami! Bayern München musste ja neulich nicht nur gegen Augsburg, sondern auch noch gegen den satanisch schäbigen Rasen spielen. Übel, übel.

… Man könnte jetzt dem Fußball zugutehalten, dass er immerhin so etwas wie ein Mittelfeld kennt und manchmal auch bei einem 0:0 so spannend wie Raum-Schach ist (ironiefrei). Den Handball wiederum kann man feiern, weil er mitunter an Turmspringen oder doppelte Rittberger erinnert. Oder dafür, dass ein Top-Handballtorwart auch aussehen darf wie der 120 Kilo schwere Däne Emil Nielsen mit Ponyfrisur, der einfach nur begeistert. Offenbar ist es möglich, fit zu sein - und trotzdem darf man ab und zu was essen, ohne sich vor Kritik fürchten zu müssen. Vielleicht ist das Glück im Handball nur ein anderes Wort für Normalität, Alltag und etwas, das einem angenehm nahe ist. Was dennoch eine Kunst ist.

Im besten Fall bewahrt sich der Handball, bevor er so wird wie der Fußball, nämlich erst immer erfolgreicher, dann immer öder, noch etwas anderes. Um es mit Schiller zu sagen: "Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt."

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.